Bien & Milb 5

Die Merkmalsausprägungen der Individuen einer Population streuen gemäß Gaußscher Normalverteilung. Es gibt einen Mittelwert, der am häufigsten vertreten ist, und abweichende Werte, die in der Häufigkeit jeweils abnehmen in Richtung der beiden Extremwerte (z.B. besonders groß ↔ besonders klein). Die Merkmalsausprägungen, die Varroafestigkeit begünstigen, liegen unter Behandlungsbedingungen abseits der Mittelwerte der jeweiligen Merkmale. Deshalb sterben befallene Völker, obwohl sie Anlagen in sich tragen, die bei stärkerer Ausprägung ein Überleben ermöglichen wurden. Die zum Überleben notwendigen Werkzeuge sind aber in der Population bereits vorhanden (aber eben nicht vorherrschend). Die Mittelwerte der Merkmalsausprägungen führen für die Völker in der Summe nicht zu einem auskömmlichen Zusammenleben mit der Varroamilbe. (Einzelne Merkmale haben dabei einen unterschiedlich großen Einfluss auf die Varroafestigkeit.) Beim Nicht-Behandeln führt Selektion zur Verschiebung von Mittelwerten.

Beispiele für besondere Merkmalsausprägungen könnten sein: Höhere Bruttemperaturen oder längere Brutpausen, oder eine ausgeprägtere Tendenz zum Angreifen von Milben, oder eine höhere Sensitivität beim Ausräumen befallener Brut (und viele andere mehr). Solche Eigenschaften, die „normalen“ Umständen keine besonderen Vorteile bringen und im Mittel eher gering ausgeprägt sind, werden bei der Selektion bevorzugt, wenn sie unter veränderten Umweltbedingungen (keine Behandlung mehr) Überlebensvorteile bringen.

Dazu können in einer vielfältigen Population einzelne Völker mit jeweils besonders ausgeprägten Eigenschaften jeweils einen Beitrag leisten. Beim einzelnen Volk reichen diese jeweils besonders ausgeprägten Merkmale vielleicht noch nicht zum dauerhaften Überleben aus. Wenn aber die Sterbewahrscheinlichkeit verringert ist und dadurch die nächste Generation erreicht wird, dann besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass im Genmix der Folgegeneration Gene, die jeweils einen Teil-Beitrag zur Überlebensfähigkeit beitragen, zusammenkommen. So beginnt durch die von Generation zu Generation immer wieder stattfindende neue Durchmischung der Gene ein Prozess, bei dem vorteilhafte Merkmale angereichert werden bis hin zu dem Punkt, wo eine Population sich selbstständig erneuern und wieder wachsen kann.

Selektion führt dabei direkt und ohne den Umweg über Mutationen zu dieser Anreicherung vorteilhafter Merkmalsausprägungen. Voraussetzung für populationsgenetische Anpassungen ist ein vielfältiger Genpool, der zwar in Verbindung zu anderen Apis mellifera Populationen steht, wo aber der überwiegende Austausch innerhalb der nicht behandelten Population erfolgt. D.h. die Anreicherung vorteilhafter Merkmalsausprägungen und Kombinationen darf durch den genetischen Zufluss von außen nur geringfügig verwässert werden. Es muss ein Selektionsdruck aufrecht erhalten bleiben (keine Behandlung) um immer wieder nachzusteuern.

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